FDP geht gerichtlich gegen neue Sitzverteilung vor
Der Niedersächsische Landtag hat im Oktober 2021 und damit nach der Kommunalwahl im September das Sitzverteilungsverfahren für kommunale Ausschüsse geändert. Die Wallenhorster Liberalen haben diese Gesetzesänderung von Anfang an kritisiert und mehrfach darauf hingewiesen, dass die Umstellung des Berechnungsverfahren von Hare/Niemeyer hin zu d’Hondt nach ihrer Ansicht verfassungswidrig ist. Nicht nur wird d’Hondt immer häufiger als grundsätzlich ungeeignetes Verfahren kritisiert, die Änderung ist zudem systemwidrig, weil sich nun die Verfahren für die Wahl des Gemeinderates (Hare/Niemeier) und die Besetzung der Ausschüsse (d’Hondt) unterscheiden. Die Neuregelung ist auch unzureichend begründet und verstößt gegen das Rückwirkungsverbot von Gesetzen, da SPD und CDU im Landtag die Sitzverteilung nach der Kommunalwahl in Kenntnis der konkreten Auswirkungen sozusagen „in eigener Sache“ angepasst haben.
Der Fraktionsvorsitzende der FDP, Markus Steinkamp, beschreibt die Folgen: „Die Gesetzesänderung verzerrt nicht nur die demokratischen Mehrheitsverhältnisse und schafft in Ausschüssen mitunter Mehrheiten, die so im Rat nicht bestehen. Sie verursacht auch unnötige Kosten.“ Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Dr. Marco Barenkamp ergänzt: „Wir hätten es gerne gesehen, wenn das Gesetz im Rahmen der sogenannten abstrakten Normenkontrolle schnell vor dem Staatsgerichtshof in Bückeburg auf den Prüfstand gestellt worden wäre.“ Dafür fehlte es leider an der Unterstützung im Landtag. Da Grüne und FDP nicht über die nötigen 20% der Abgeordneten verfügen, wären zusätzliche Unterstützer aus den Reihen der Großen Koalition nötig gewesen. „Offenbar wollten die Regierungsparteien aber keinesfalls riskieren, dass über die Gesetzesänderung noch vor der Landtagswahl in diesem Jahr ein Urteil gesprochen wird. Das sagt viel darüber aus, wie wenig sicher sich die Koalitionäre selbst sind.“, so Barenkamp.
Nachdem der Antrag der FDP-Fraktion auf eine Änderung des Verfahrens an der Ratsmehrheit scheiterte, sah sich die Fraktion nun gezwungen, die sogenannte konkrete Normenkontrolle anzustrengen, da die Fraktion selbst betroffen ist. Dazu hat die Fraktion nun in eigener Sache Klage vor dem Verwaltungsgericht Osnabrück erhoben. Die Klage musste sich dabei aus formalen Gründen gegen den Rat der Gemeinde richten, da die Besetzung von Ausschüssen eine innere Organisationsangelegenheit des Rates ist, mit der die Verwaltung oder der Bürgermeister nicht befasst sind. Die Klage richtet sich auch nicht gegen die Gemeinde.
Steinkamp betont dazu: „In diesem sogenannten Kommunalverfassungsstreit geht es formal gegen den Rat, das Verfahren zielt aber auf die Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der zugrunde liegenden Gesetzesänderung ab. Diese kann das Verwaltungsgericht nicht abschließend vornehmen. Wir hoffen, dass das Gericht direkt den Staatsgerichtshof anruft.“ Die Liberalen betonen, „nicht wirklich“ gegen den Rat selbst vorgehen zu wollen, der hier ein Landesgesetz lediglich anwendet, aber nicht verantwortet. Steinkamp stellt klar: „Der Rat ist zwar formal Beklagter, aber in der bequemen Position, hier nichts tun zu müssen. Das Verwaltungsgericht darf gar nicht gegen den Rat entscheiden und Versäumnisurteile kennt das Verwaltungsrecht nicht.“
Die Klage ist derzeit die einzige Möglichkeit, wie der Sachverhalt trotz Blockade der Großen Koalition auf Landesebene gerichtlich überprüft werden kann. „Das muss im Rechtsstaat eine Selbstverständlichkeit sein.“, so Steinkamp und Barenkamp abschließend.