Verkehr in Wallenhorst und Belm vor dem Kollaps: Ohne A 33 Nord keine Lösung in Sicht
Die Hiobsbotschaft erreichte die Wallenhorsterinnen und Wallenhorster Mitte September: Die pünktlich zum Schuljahresbeginn errichtete Sperrung der Auffahrt zur B 68 und damit zur A 1 wird um mindestens zwei Wochen bis zum 10. Oktober verlängert. Damit gehört die Blechlawine, die sich Tag für Tag durch Wallenhorst schiebt, weiterhin zum Ortsbild.
Der ehemalige Wirtschafts- und Verkehrsminister Jörg Bode aus der Landtagsfraktion der FDP hat sich auf Einladung der Freien Demokraten aus Belm und Wallenhorst vor Ort einen Überblick verschafft. Beim Ortstermin waren sich die Landtagskandidatin Anke Wittemann, Ratsmitglieder aus Belm und Wallenhorst und der frühere Verkehrsminister einig, dass die Verkehrsplanung in der Region neben einem offenkundig mangelhaften Qualitätsmanagement an der fehlenden Abstimmung zwischen Bund, Land und Kommunen leidet.
Markus Steinkamp, Fraktionsvorsitzender der Liberalen aus Wallenhorst beschreibt die Situation in den letzten Wochen: „Während die Autobahn Westfalen plötzlich auftretende Schäden an der B 68 und der Auffahrt zur A 1 ausbessern lässt, saniert die Niedersächsische Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr (Geschäftsbereich Osnabrück) planmäßig den Kreisverkehr in Bramsche-Achmer und leitet weiteren Verkehr über die L 109 Hollager Straße um. Die Straßen waren in der Folge ständig überlastet. „Hier muss es flexible Abstimmungsrunden und Möglichkeiten zur kurzfristigen Umplanung geben“, findet Steinkamp.
Dass vielen Behörden der Blick über den Tellerrand fehlt, zeigt laut Anke Wittemann auch das Gerangel um die Anordnung von Tempo 30 vor der Erich-Kästner-Schule in Hollage. „Wenn eine Gemeinde mit einer Klage gegen das Land drohen muss und es letztlich nur dem Wahlkampf zu verdanken ist, dass dieser Konflikt abgeräumt werden konnte, dann wirft das kein gutes Licht auf das Haus von Verkehrsminister Althusmann. Hier müssen endlich alle Akteure an einem Strang ziehen.“ Das sieht auch Jörg Bode so bei der Inaugenscheinnahme eines weiteren Schmerzpunktes in Lechtingen: Am Harenkamp in Lechtingen zeigte er wenig Verständnis dafür, dass sich die verschiedenen Ebenen der staatlichen Verwaltung die Verantwortung für die Verlängerung der Lärmschutzwand an der B 68 zuweisen. Für Jörg Bode ist klar: „Es ist für die Menschen im Land unerheblich, wer der Baulastträger eines Straßenabschnitts ist. Geld, dass der Staat in Infrastruktur investiert, kommt vom selben Steuerzahler, egal ob vom Bund, Land, Kreis oder der Gemeinde ausgegeben.“
Für die Liberalen ist die bessere Zusammenarbeit aller Beteiligten eine erste kurzfristige Notwendigkeit aus einem Maßnahmenbündel, um die Verkehrssituation zu stabilisieren und die Infrastruktur zukunftssicher zu machen. Eine bessere Abstimmung der beteiligten Behörden ermöglicht, Sperrungen und Ausbauarbeiten, die nicht unmittelbar zur Gefahrenvermeidung nötig sind, nicht gleichzeitig durchzuführen. So werden Überlastungen der Umleitungsstrecken oder gar Blockaden verhindert. „Das sollte eine Selbstverständlichkeit sein,“ findet Jörg Bode und ergänzt: „Zwar ist die Abstimmung seit meiner Amtszeit komplexer geworden, weil die Autobahnen nicht mehr von den Landesbehörden bewirtschaftet werden. Der digitale Informationsaustausch über Ländergrenzen hinweg muss jedoch im Jahr 2022 besser funktionieren. Die Digitalisierung des Landes ist unter Ministerpräsident Stephan Weil leider seit Jahren ins Hintertreffen geraten.“
Mittelfristig müssen die veränderten Verkehrsflüsse auch zur Anpassung der Verkehrswege führen. Die Belmer Ratsfrau Silke Dürkoop-Wortmann erinnert daran, dass seit Fertigstellung der B 51 Ortsumgehung Belm und weiteren Teilstücken der A 33 die Belastung durch den Durchgangsverkehr auf der Icker Landstraße und der Ruller Straße (L 109) nochmals drastisch gestiegen ist. „Wir sehen hier planerischen Handlungsbedarf, das kann nicht mehr jahrelang so weitergehen“, so Dürkoop-Wortmann: „Der stockende Verkehr belastet Verkehrsteilnehmer ebenso wie die Umwelt. Zu den Stoßzeiten des Berufsverkehrs können Bürgerinnen und Bürger kaum noch auf die Hauptstraßen auffahren. Hier müssen sich Gemeinden, der Kreis und das Land an einen Tisch setzen und prüfen, wie die Situation entspannt werden kann.“ Dürkoop-Wortmann schlägt beispielsweise die ergebnisoffene Prüfung einer abknickenden Vorfahrt beim Übergang der Icker Landstraße auf die Lechtinger Straße vor, wenn für einen Kreisverkehr kein Platz ist. Im weiteren Verlauf der L 109 als Vehrter Landstraße und Ruller Straße könnten zusätzliche Kreisverkehre die Situation an den Ortsausfahrten Rulle verbessern.
Langfristig kann die Lösung nur in der Fertigstellung der A 33 Nord liegen. „Große Teile unserer Verkehrsinfrastruktur werden weit über die Belastungsgrenze hinaus in Anspruch genommen.“, sagt Anke Wittemann: „Wie sonst sind Risse und Verformungen in erst vor kurzem sanierten Straßenabschnitten zu erklären? Unterhaltungsmaßnahmen müssen in immer kürzeren Abständen erfolgen, weil Gemeindestraßen als Umleitungsstrecken oder Ausweichrouten herhalten müssen, dazu kommen Lärm und Geruchsbelastungen durch den Verkehr. Den aktuellen Baumaßnahmen werden schon bald weitere auf den jetzigen Umleitungsstrecken folgen müssen.“ Wie fragil das Verkehrsnetz im Osnabrücker Norden mittlerweile ist, zeigte sich laut Wittemann am Vorabend des Ortstermins. Eine Ölspur auf der B 68 hat den Berufsverkehr im Norden dabei über Stunden zum Erliegen gebracht. „Die A 33 Nord ist zur Entlastung und Verstärkung bitter nötig“, so Wittemann.
Jörg Bode ergänzt: „Die A 33 Nord würde dabei nicht nur den Durchgangsverkehr von der L 109 nehmen. Die dann mögliche Verlegung der B 68 wäre eine große Hilfe für die Stadt Osnabrück und würde zudem die Anwohner der Bundesstraße in Lechtingen schonen sowie die aktuelle Bedarfsumleitung der A 1 durch den Ortskern Hollage entlasten. Diese Vorteile würde die umstrittene Verlegung der B 68 aus Osnabrück heraus auf die A 30 und die A 1 ohne den Bau der A 33 Nord nicht bringen.“
Abschließend waren sich alle Anwesenden einig: „Wir müssen uns ehrlich machen: Der motorisierte Individualverkehr macht einen großen Anteil des Verkehrsaufkommens aus. Ein besserer und günstiger ÖPNV sowie die Förderung der Schiene sind wichtig. Sie werden aber lediglich das Anwachsen des Individualverkehrs bremsen, umkehren können sie die Entwicklung nicht. Die Fahrzeuge benötigen verlässliche Verkehrswege. Die Lösung kann nur die schnellstmögliche Fertigstellung der A 33 Nord sein. Bis das in einigen Jahren gelungen ist, müssen Übergangslösungen für die Menschen vor Ort gefunden werden.“ Anke Wittemann und Jörg Bode sehen das als dringenden Auftrag der Wählerinnen und Wähler für die nächste Landesregierung.